Unterkühlte Diskussion über den Verfassungsschutz

Es ist kalt in Deutschland. In der kommenden Woche sollen die Temperaturen sogar in Richtung sibirischer Tiefswerte fallen. Der ideale Zeitpunkt für Günther Jauch, in seiner ARD-Talkshow die alten Hüte aus der Zeit des „kalten Krieges“ aus der Mottenkiste zu holen.

Der brisante Titel der Sendung „Links vor rechts – Jagt der Verfassungsschutz die Falschen?“ versprach eine interessante Diskussion, war doch in der vergangenen Woche die Meldung durch die Medienlandschaft gegangen, dass 27 Bundestagsabgeordneten der Partei „Die Linke“ vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Eine Nachricht die, nicht nur aufgrund der – vorsichtig formuliert – etwas unglücklichen Rolle, die der Verfassungsschutz unlängst bei der Überwachung der Neo-Nazi-Szene spielte, für gewisse Irritationen sorgte. Leider stellte sich heraus, dass Jauchs Talkrunde ziemlich schnell in den alten Mustern und der Rhetorik des „kalten Krieges“ stecken bleiben sollte.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt und Vera Lengsfeld, ihres Zeichens ehemaligen DDR-Bürgerrechtlerin und neo-konservative Politsirene, beeilten sich, das Horrorszenario von der „Linken-Gefahr“ zu beschwören und ließen dabei keine Strophe der Stasi-SED-Stalin-Wagenknecht Elegie aus.

Empörung und Abscheu

Der Stellvertretende Fraktionsvorsitzende „der Linken“ Dietmar Barsch wiederum wies alle Anschuldigungen mit Empörung und Abscheu von sich und bestand vehement auf der Opferrolle seiner Partei. In dieser Form setzte sich das Spielchen über weite Strecken der Sendung fort.

Immerhin wurden in der letzten Viertelstunde des Talks dann doch noch die essentiellen Aspekte des Themas angeschnitten – nämlich die politische Prioritätensetzung des Verfassungsschutzes und die Frage nach der demokratischen Kontrolle des Inlandsnachrichtendienstes.

Allerdings trug der anwesende Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (a.D.), Peter Frisch, wenig zur Klärung dieser Punkte bei, da dessen Argumentationsschlichtheit und joviales Genuschel eher unfreiwillig komisch wirkten. Man sollte zu seinen Gunsten annehmen, dass es sich dabei in Wahrheit um eine taktische Verschleierungsmaßnahme des alten Geheimdienst-Haudegens handelte.

So blieb es dem Journalisten Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung vorbehalten, die klugen Sätze des Abends zu sagen. Die Observationsleistung des Verfassungsschutzes in der „Causa NSU“ kommentierte er pointiert: Wenn der Verfassungsschutz nichts von diesem Rechtsterrorismus gemerkt habe, dann sei er überflüssig, wenn er jedoch etwas geahnt habe, dann sei er gefährlich.

Bei diesem Gedanken bedarf es wahrlich keiner sibirischen Temperaturen, damit es einem kalt den Rücken herunter läuft.

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