Im Sommer 2009 kam es zum Eklat: Liam Gallagher funktionierte in Paris kurz vor dem Konzert Backstage eine E-Gitarre zu einer Axt um, und sein größerer Bruder Noel hatte keine Lust mehr auf den Kindergarten.
Das Ende von Oasis war besiegelt. Während Liam „Beady Eye“ gründete und ohne Noel eine passable Platte auf den Markt brachte, zog sich Noel zurück. Es hieß, noch habe er keine Ambitionen, eine eigene Scheibe aufzunehmen.
Am 6. Juli verkündete dann Noel im Rahmen einer Pressekonferenz in London, dass im Oktober seine erste Solo-CD erscheinen würde: „Noel Gallagher’s High Flying Birds“. Die Fachwelt staunte, war jedoch skeptisch. Geht das, eine ganze Platte ohne die Stimme von Liam?
Ein Meisterwerk
Hätten die anwesenden Pressevertreter die Soloplatte im Juli schon gehört, die Fragen hätten sich wohl weniger um den Oasis-Split als viel mehr um Noels fulminantes Debüt gehandelt.
Fast niemand hätte damit gerechnet, dass der Engländer als Songwriter noch einmal ein solches Hitfeuerwerk wie zu Zeiten von „Definitely Maybe“ und „(What’s the Story) Morning Glory“ Mitte der Neunziger wird abliefern können. Doch Noel schreibt mit den High Flying Birds erneut Musikgeschichte.
Der Opener “Everybody’s on the Run” zieht einen dank eines orchestralen Intros samt Chören und viel Pomp sogleich rein ins Geschehen, der folgende Stampfer “Dream On” begeistert ebenso wie die wunderbar eingängige Ballade „If I Had a Gun“, die auf Noels bald startender Welttournee sicherlich für Gänsehautatmosphäre sorgen wird.
In die erste Single „The Death of You and Me“ wurde ob des Textes viel hineininterpretiert, musikalisch gesehen ist es ein beatlesker Titel der Extraklasse. Die Bläser hätte Liam ihm wohl nie durchgehen lassen, fügen sich aber perfekt ein in den Klangteppich.
Noel Gallagher (offizielle Website)
„(I Wanna Live in a Dream in My) Record Machine“ ist ein dank Streichern beseelter Titel, und es geht immer so weiter: Auf der Platte findet sich kein einziger verzichtbarer Titel wie zuletzt auf allen Oasis-Scheiben. Und Noels Stimme wird nie langweilig.
„AKA… Broken Arrow“ klingt – im positivsten Sinne – nach Tom Petty, „(Stranded on) The Wrong Beach“ ist der rockigste Titel auf der Platte und „Stop the Clocks“ existiert schon seit Jahren als Demo, nun endlich hat Noel auch diese Hymne aufgenommen. Das Outro am Ende der CD lässt das Musikerherz erneut höher schlagen.
Noel Gallagher’s High Flying Birds: Pop in Perfektion.