Realsatire in der Früh

In einer Großstadt wie Hamburg, vermutlich nicht nur hier, zückt gefühlt jeder Dritte in der U-Bahn am Morgen sein Smartphone und scrollt halb verschlafen die News und Tweets durch.

Oder er schaut das Fahrgastfernsehen, das in wenigen Worten das Tagesgeschehen, tja, „zusammenfasst“.

Seiten ändern sich

Nicht mehr so viele, und das ist sicherlich bedauerlich, lesen morgens in der Bahn noch die Tageszeitung. Viele Blätter kommen mittlerweile im „modernen“ kompakten Tabloid-Zeitungsformat daher.

Und nur ganz Mutige, der Autor dieser Zeilen dazuzählend, hält gar noch allmorgendlich eine richtig große Tageszeitung in Händen und bedrängt mit der Druckerschwärze seinen Sitznachbarn, der angewidert sein iPhone weit weghält.

Morgens im ZDF

Doch einige Menschen schauen tatsächlich noch das ZDF-Morgenmagazin. Zumindest belegen dies die Quoten.

Früher, bevor das Internet seinen Durchbruch hatte, lief tatsächlich vor der Schule noch für ein paar Minuten der Fernseher. Aber im Jahre 2011?!

Im ARD-Morgenmagazin erfand damals etwa ein gewisser Jörg Kachelmann das Wetter quasi neu. Peppig, mit recht genauen Vorhersagen und immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen. Irgendwann wurde ihm aber offenkundig das Fernsehen zu eintönig.

Der Mann von der FAZ

Wer also an einem trüben Dezembermorgen in Jahre 2011 das ZDF-Morgenmagazin einschaltet, der sieht dort einen gewissen Wulf Schmiese. Einst politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, sehnte er sich offenkundig nach dem großen Rampenlicht.

Doch nach über einem Jahr moderiert er noch immer so stockend, dass man ihm am liebsten zurufen möchte: Mutig wäre es, einen Jobwechsel gelegentlich mal zu hinterfragen. Die FAZ ist eine gute Adresse.

Und so erklärt der stellvertretender Chefredakteur der Zeit, Karsten Polke-Majewski, Wulf „investigativ“ Schmiese, was wir vom Jahr 2012 zu erwarten haben: Die persönliche „Kredit-Krise“ des Bundespräsidenten Christian Wulff sei noch nicht ausgestanden. Nein, wirklich?

Richtig interessant wäre es gewesen, wie ein Wulf Schmiese einen Carsten Maschmeyer interviewt. Aber der Lebensabschnittsgefährte von Veronica Verres befolgt die Regel: Willst du gelten, mach dich selten.

Lauter Kracher

Kurz vor halb acht wird dann noch ein großes Servicethema angekündigt: Welche Gefahren bringt Silvesterfeuerwerk mit sich. Aber darüber wird erst „in der nächsten halben Stunde“ nach den Nachrichten gesprochen. Spannung!

Dann kurz nach einer sehr kompakten „heute“-Ausgabe, darf der Kachelmann der Neuzeit ran: Ben Wettervogel (wenn die Lichter ausgehen Benedikt Vogel) moderiert das Wetter. Solche Geschichten schreibt eben nur das Fernsehen. Erstrecht in aller Früh.

Nun gut, es folgt noch der Sport, mit einem Rückblick: Frauen-Fußball WM 2011. Was lief denn im Sport-Block eine Stunde später? Eine Rückschau auf die deutschen Meisterschaften im Bodenturnen 1987?

Leider konnte der Autor dieser Zeilen nicht länger „dran bleiben“, er musste los: Auf zur U-Bahn.

Abgefahren.

Eine Antwort auf „Realsatire in der Früh“

  1. Lustig wäre es gewesen, wenn der Leser dieses Artikels verstanden hätte, was der Autor eigentlich hat sagen wollen!
    Bei der Überprüfung ob der Grund des Unverständnisses einfach mangelnde Intelligenz auf Seiten des Lesers oder der sich immer stärker in das Hirn des Lesers einschleichende Verdacht, dass der Artikel nichts anderes als eine um ca. 450 weitere Wörter aufgepumpte Alternativ-Version der Headline war, konnte der Leser nicht länger dran bleiben! Auch er musste los: Zur U-Bahn. Auch abgefahren

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